OncoWAF öffnet Türen zu innovativen Therapien und Studien für krebskranke Hunde
- Leni (Admin)

- vor 4 Tagen
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Aktualisiert: vor 3 Tagen

Die Veterinärmedizin hat in den vergangenen Jahren einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen. Während früher eine Haustierpraxis nahezu alle gesundheitlichen Probleme unter einem Dach behandelt hat, sehen wir heute eine zunehmende Spezialisierung, die der Humanmedizin in nichts nachsteht. Besonders deutlich wird diese Entwicklung im Bereich der Onkologie, wo sich eine eigenständige Fachdisziplin etabliert hat, die weit über das hinausgeht, was eine klassische Kleintierpraxis leisten kann und soll. In diesem Kontext möchten wir euch die Plattform OncoWAF als wertvolle Informationsquelle vorstellen.
Konzept der Plattform
OncoWAF ist eine belgische Initiative, welche von Dr. Laetitia Cicchelero ins Leben gerufen wurde, einer Tierärztin mit Spezialisierung in Immuno-Onkologie, die an der Universität Gent tätig ist. Die Plattform wurde im Mai 2020 gelauncht und durch den belgischen Krebsfonds für Tiere finanziert. Was OncoWAF von vielen anderen veterinärmedizinischen Quellen unterscheidet, ist der Fokus auf Neutralität und wissenschaftlicher Fundiertheit. Die Inhalte wurden in enger Zusammenarbeit mit Tieronkologen erstellt und sollen ausdrücklich die Beratung durch den behandelnden Tierarzt ergänzen, nicht ersetzen. Die Idee zu mehr Information entstand aus einer praktischen Beobachtung heraus: Hundehalter, die in einer Konsultation die Krebsdiagnose ihres Tieres erfahren, erinnern sich typischerweise nur an etwa ein Drittel der vermittelten Informationen. Dieser Informationsverlust ist nicht ungewöhnlich, wenn Menschen mit emotional belastenden Nachrichten konfrontiert werden. Die Schockwirkung einer solchen Diagnose blockiert häufig die Aufnahmefähigkeit, selbst wenn der Tierarzt sehr sorgfältig aufklärt und sich viel Zeit nimmt. OncoWAF möchte diese Lücke bedienen, indem die Plattform eine zuverlässige Quelle bietet, zu der Tierhalter zurückkehren können, wenn sie bereit sind, die Informationen in ihrem eigenen Tempo zu verarbeiten. Hundehalter finden außerdem medizinische Informationen rund um Krebs beim Hund sowie den Zugang zu neusten, klinischen Studien.
Veterinäronkologie als eigenständige Fachdisziplin – eine notwendige Spezialisierung. Warum Haustierpraxen umdenken müssen
Die Veterinäronkologie hat sich zu einer hochspezialisierten Disziplin entwickelt, die mit der humanmedizinischen Onkologie in Komplexität durchaus vergleichbar ist. Diese Entwicklung ist eine logische Konsequenz des wissenschaftlichen Fortschritts und der gestiegenen Erwartungen von Tierhaltern, die für ihre Begleiter die bestmögliche Versorgung wünschen. Ein zertifizierter Veterinäronkologe durchläuft eine Ausbildung, die drei bis fünf Jahre über das Tiermedizinstudium hinausgeht. Diese Zeit umfasst ein rotierendes Internship in verschiedenen medizinischen und chirurgischen Gebieten sowie eine hochspezialisierte Residency, die ausschließlich dem Thema Krebs gewidmet ist. Am Ende dieses Ausbildungsweges stehen umfassende Prüfungen und Publikationsanforderungen. Nur wer diese Hürden meistert, darf sich als "Diplomate" bezeichnen und gilt als anerkannter Spezialist für Onkologie. Diese intensive Ausbildung ist notwendig, denn die moderne Veterinäronkologie arbeitet mit einem breiten Spektrum an Behandlungsmodalitäten. Klassische Chemotherapie-Protokolle müssen präzise an Tumortyp, Krankheitsstadium und individuelle Verträglichkeit angepasst werden. Strahlentherapie erfordert hochspezialisierte Geräte und Expertise in computergestützter Bestrahlungsplanung. Neue Verfahren wie die Immuntherapie, Radiochirurgie oder interventionelle Radiologie setzen nicht nur technisches Equipment voraus, sondern auch fundiertes Wissen über die komplexen biologischen Mechanismen von Tumorwachstum und Immunantwort. Für eine durchschnittliche Haustierpraxis oder -klinik ist es weder möglich noch sinnvoll, dieses Niveau an Spezialisierung vorzuhalten. Auch die notwendige Ausstattung ist extrem kostspielig. Ein Linearbeschleuniger-System für die Strahlentherapie kostet mehrere Millionen Euro und erfordert speziell geschultes Personal sowie regelmäßige Wartung. Chemotherapeutika müssen unter strengen Sicherheitsauflagen gehandhabt werden, was Schulungen und Schutzausrüstung erfordert. Darüber hinaus entwickelt sich das onkologische Wissen so rasant weiter, dass kontinuierliche Fortbildung unverzichtbar ist, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Die klassische Tierarztpraxis erfüllt nach wie vor eine zentrale Rolle im Versorgungssystem, aber ihre Funktion hat sich verändert. Sie ist die erste Anlaufstelle, wenn ein Tier erkrankt, sie führt Routineuntersuchungen durch und erkennt im besten Fall frühzeitig verdächtige Befunde. Wenn eine Umfangsvermehrung, auffällige Laborwerte oder persistierende Symptome auf einen möglichen Tumor hindeuten, liegt die zentrale Verantwortung darin, zeitnah an einen Spezialisten zu überweisen. Genau wie in der Humanmedizin ein Hausarzt einen Patienten mit Verdacht auf Krebs an einen Onkologen überweist, so sollte auch in der Veterinärmedizin dieses Netzwerk funktionieren. Auch große Tierkliniken haben diesen Bedarf längst erkannt und entsprechende, eigene onkologische Abteilungen etabliert.
Klinische Studien: Wenn dein Hund Teil der Forschung werden könnte
Ein besonderes Merkmal von OncoWAF ist die integrierte Datenbank klinischer Studien, die derzeit in verschiedenen europäischen Ländern durchgeführt werden. Diese Funktion ermöglicht es Hundehaltern, gezielt nach laufenden Studien zu suchen, für die ihr Tier möglicherweise in Frage kommt. Die Suchfunktion erlaubt dabei eine Filterung nach Tumortyp und geografischer Lage. Die Datenbank wird von der European Society of Veterinary Oncology genutzt und monatlich aktualisiert, was ihre Relevanz und Aktualität unterstreicht.
Im Kern geht es bei klinischen Studien darum, neue Behandlungsansätze systematisch zu erproben. Jede Therapie, die heute als Standard gilt, war einmal experimentell und musste in Studien ihre Wirksamkeit und Sicherheit beweisen. Ohne diese kontrollierten Untersuchungen gäbe es keinen medizinischen Fortschritt. Was genau untersucht wird, ist vielfältig: neuartige Krebsmedikamente, die auf anderen Wirkmechanismen basieren als klassische Therapeutika, verfeinerte chirurgische Methoden, innovative Bestrahlungstechniken oder neue Ansätze wie Immuntherapien. Nicht alle Studien konzentrieren sich auf Behandlungen. Manche erforschen verbesserte Diagnosemethoden, etwa sensitivere Verfahren zum Nachweis von Mikrometastasen, die mit herkömmlicher Bildgebung noch nicht sichtbar sind. Andere sammeln biologisches Material, Blut- oder Gewebeproben, um die molekularen Grundlagen bestimmter Tumorarten besser zu verstehen. Auch solche Verfahren können für einen Hund relevant sein, denn sie tragen dazu bei, dass zukünftige Generationen von Patienten von gezielteren und wirksameren Therapien profitieren. Die Studiendatenbank zeigt auch, welche Ein- und Ausschlusskriterien gelten und wie man Kontakt zu den verantwortlichen Forschern aufnehmen kann. Denn nicht jeder tierische Patient kann überall teilnehmen. Manche Studien verlangen, dass der Tumor noch nicht behandelt wurde, andere setzen voraus, dass Standardbehandlungen bereits versagt haben. Bestimmte Begleiterkrankungen können zum Ausschluss führen, etwa wenn Nieren- oder Leberwerte nicht im Normalbereich liegen. Auch das Alter des Hundes, die genaue Lokalisation des Tumors oder das Vorhandensein von Metastasen können Kriterien sein.

Es gibt durchaus überzeugende Argumente, die für eine Studienteilnahme sprechen. Der offensichtlichste ist der Zugang zu Therapien, die außerhalb von Studien noch nicht verfügbar sind. Vielleicht handelt es sich um ein vielversprechendes neues Medikament, das in frühen Testphasen beeindruckende Ergebnisse gezeigt hat. Vielleicht ist es eine Kombination verschiedener Wirkstoffe, die synergistisch wirken könnten. Die Chance besteht, dass diese experimentelle Behandlung wirksamer ist oder besser vertragen wird als etablierte Optionen. Es gibt auch Situationen, in denen Standardtherapien versagt haben oder nicht anwendbar sind. Wenn ein Hund einen besonders aggressiven Tumor hat, der auf herkömmliche Therapie nicht anspricht oder wenn Nebenwirkungen so schwerwiegend waren, dass die Behandlung abgebrochen werden musste, kann eine Studienteilnahme eine letzte Hoffnung darstellen. Das sind natürlich keine Garantien, aber definitiv Möglichkeiten. Ein weiterer Aspekt sind die Kosten - Onkologie ist teuer. Viele Studien werden von Forschungseinrichtungen, Universitäten oder Pharmaunternehmen finanziert, was bedeutet, dass die Behandlung selbst und ein großer Teil der damit verbundenen Diagnostik kostenfrei sein können. Das macht Krebstherapie für Hundehalter zugänglich, die sich eine konventionelle Behandlung finanziell nicht leisten könnten. (natürlich sollten man vorab klären, welche Kosten tatsächlich abgedeckt werden und ob beispielsweise Anfahrten oder bestimmte Zusatzuntersuchungen auf eigenen Kosten gehen)
Es wäre unvollständig, nur die positiven Seiten zu beleuchten. Die Teilnahmevorbereitungen, Untersuchungen und Kontrollen bedeuten deutlich mehr Klinikbesuche, mehr Zeit und mehr logistischen Aufwand. Insbesondere natürlich auch, wenn die Studie an einer europäischen Institution außerhalb Deutschlands läuft. Klinische Studien bergen außerdem diverse Risiken, die man ebenfalls realistisch einschätzen muss. Der größte Unsicherheitsfaktor ist die Wirksamkeit. Per Definition wird in einer Studie etwas Neues getestet, das noch nicht ausreichend erprobt ist. Es kann sein, dass die experimentelle Behandlung nicht besser wirkt als die Standardtherapie. Es kann sein, dass der Hund zu den Non-Respondern gehört, bei denen die Therapie überhaupt nicht anschlägt. Unerwartete Nebenwirkungen sind ein weiteres Thema. Bei etablierten Therapien wissen Onkologen aus Erfahrung, welche Nebenwirkungen zu erwarten sind und wie man sie managen kann. Bei neuen Behandlungen fehlt diese Erfahrung teilweise. Im schlimmsten Fall können Nebenwirkungen schwerwiegend sein und die Lebensqualität beeinträchtigen. Forschungsteams sind darauf vorbereitet, solche Ereignisse zu behandeln, und Studien haben Sicherheitsprotokolle, die festlegen, wann eine Behandlung abgebrochen werden muss. Aber das Risiko lässt sich nicht vollständig ausschließen. Ergo: Nicht jeder Hundehalter wird interessiert, bereit oder in der Lage sein, mit seinem Tier an einer Forschungsstudie teilzunehmen. Doch allein die Existenz dieser Option erweitert den Horizont. Letztlich ist es - wie fast alles in der Tiermedizin - eine persönliche Entscheidung. Manche Hundehalter sind dankbar für die Chance, ihrem Tier Zugang zu experimentellen Therapien zu verschaffen. Andere entscheiden sich für den aktuell verfügbaren Weg, wieder andere dafür, gar nicht zu behandeln und die verbleibende Zeit ohne medizinische Eingriffe zu gestalten.
Von Tumortyp bis Rassedisposition: Alle wichtigen Fakten verständlich erklärt
Jedes Tumorbild ist einzigartig und die optimale Behandlung hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab – vom Tumortyp über die Rassedisposition bis hin zu den individuellen Merkmalen des Patienten. Oncowaf bietet ebenfalls ein umfassendes Lexikon, das Informationen rund um Tumortypen zur Verfügung stellt. Auch deren Diagnostik, Behandlungsmöglichkeiten und Prognosen werden beschreiben. Zusätzlich werden onkologische Grundlagen, Hilfe zur Selbsthilfe und Rassedispositionen beleuchtet:
Tumortypen: https://oncowaf.be/de/Cancer/tumorTypes
Rasse & Tumor: https://oncowaf.be/de/Breeds Unser Tumorlexikon findest du hier: Lexikon Tumore bei Hunden Und die Krebstherapien hier: Lexikon Krebstherapien für Hunde

Fazit
Die veterinärmedizinische Onkologie hat sich zu einem hochspezialisierten Fachgebiet entwickelt, das die Möglichkeiten einer Allgemeinpraxis bei weitem übersteigt. Diese Entwicklung ist begrüßenswert, denn sie bietet betroffenen Tieren Zugang zu Behandlungen, die noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar gewesen wären. Gleichzeitig schafft sie neue Herausforderungen in der Kommunikation und im Erwartungsmanagement. OncoWAF adressiert diese Herausforderungen, indem es wissenschaftlich fundierte Informationen bereitstellt, die Hundehaltern helfen, die Diagnose ihres Tieres zu verstehen und informierte Entscheidungen zu treffen. Die Zukunft der Veterinäronkologie wird zweifellos weitere Innovationen bringen. Wir halten euch auf dem Laufenden! Euer Team von www.krebsbeimhund.com



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