Darmgesundheit bei Hunden: Das Mikrobiom im Fokus der Krebsforschung
- Leni (Admin)
- 30. Aug.
- 7 Min. Lesezeit

Wenn Hunde an Krebs erkranken, wird ein Bereich oft übersehen: der Darm. Genauer gesagt – das Mikrobiom - die riesige Gemeinschaft aus Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Mikroorganismen, die im Verdauungstrakt lebt. Dieses unsichtbare Ökosystem beeinflusst den gesamten Körper und hat direkten Einfluss auf die Entstehung, das Voranschreiten und die Therapie von Krebserkrankungen. Das Mikrobiom übernimmt viele, lebenswichtige Funktionen: Es unterstützt die Verdauung und Nährstoffaufnahme, sorgt für eine gesunde Darmschleimhaut und bildet Substanzen, die Entzündungen im Körper regulieren. Gleichzeitig "trainiert" es das Immunsystem, sodass der Körper Krebszellen oder andere schädliche Einflüsse besser erkennen und abwehren kann. Ein Ungleichgewicht im Mikrobiom – beispielsweise durch Antibiotika, falsche Ernährung oder chronische Entzündungen – kann das Immunsystem schwächen, Entzündungsprozesse verstärken und die Wirksamkeit bestimmter Krebsbehandlungen reduzieren. Kurz gesagt: Der Hunddarm ist weit mehr als ein Verdauungsorgan. Er ist ein zentraler Player im Kampf gegen Krebs. Wer das Mikrobiom seines Hundes kennt und pflegt, kann die Gesundheit und die Lebensqualität seines Hundes entscheidend stärken.
Warum der Darm so wichtig für das Immunsystem ist
Der Darm ist nicht nur ein Verdauungsrohr, sondern ein hochkomplexes Organ, das eng mit dem Immunsystem verbunden ist. Rund 70–80 % aller Immunzellen sitzen hier, und die Mikroben kommunizieren ständig mit diesen Zellen. Die „guten“ Darmbakterien helfen, krankmachende Keime in Schach zu halten, produzieren Stoffe wie kurzkettige Fettsäuren (SCFA, z. B. Butyrat, Propionat, Acetat), welche Entzündungen bremsen und unterstützen die Barrierefunktion der Darmschleimhaut. Ohne diese Bakterien wird die Darmwand durchlässiger, was das Risiko für systemische Entzündungen und die Belastung von Organen erhöht. Ein gestörtes Mikrobiom kann das Immunsystem aus dem Gleichgewicht bringen, sodass es entweder überreagiert oder nicht effektiv - z. B. auf Tumorzellen - reagiert. Das Mikrobiom des Hundes ist außerdem eng mit einer ganzen Organkette im Körper verbunden. Besonders die Leber, die Nieren und sogar das Gehirn stehen in direkter Wechselwirkung mit dem Darm. Diese Verbindung wird oft als Darm–Leber–Achse oder Darm–Hirn-Achse bezeichnet: Stoffwechselprodukte und Signale aus dem Darm beeinflussen, wie die Leber Giftstoffe verarbeitet und wie Hunde auf Stress oder Schmerzen reagieren. Ein gestörtes Mikrobiom kann daher nicht nur den Verdauungstrakt belasten, sondern über diese Organketten Krankheiten im gesamten Körper fördern.
Wenn das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht gerät

Bei krebskranken Hunden sieht man in Studien immer wieder dasselbe Bild: die Vielfalt der Darmbakterien nimmt ab, bestimmte schützende Keime verschwinden, während andere Überhand nehmen. Gesunde Hunde haben oft viele Bakterien aus den Familien Ruminococcaceae oder Faecalibacterium, die entzündungshemmend wirken und die Schleimhautbarriere stärken. Bei Hunden mit Krebs tauchen dagegen häufiger Arten wie Corynebacterium oder Streptococcus auf. Dieses Ungleichgewicht - Fachwort: "Dysbiose" - kann dazu führen, dass Entzündungen stärker werden und das Immunsystem schlechter auf die Bedrohung durch Tumorzellen reagiert. Es gibt Hinweise darauf, dass die Darmflora sogar direkt das Ansprechen und Reaktion auf Behandlungen wie Operationen, Chemotherapie oder eine Immuntherapie beeinflussen kann. Hunde mit stabiler Darmflora zeigen oft eine bessere Belastbarkeit, leider weniger unter Nebenwirkungen und weisen eine schnellere Regeneration auf.
Mikrobiom und Krebs beim Hund – Was Studien bisher zeigen
Noch gibt es nicht viele Studien speziell zu krebskranken Hunden, aber die vorhandenen Ergebnisse sind richtungsweisend. Bei Hunden mit Tumoren hat man z. B. gesehen, dass Präbiotika wie Fructooligosaccharide (FOS) das Tumorwachstum bremsen können. In anderen Untersuchungen verringerte die Kombination aus Pro- und Präbiotika – sogenannte Synbiotika – nach Operationen das Risiko für Komplikationen und förderte die schnellere Erholung der Darmschleimhaut. Auch bei Hunden mit Lymphomen oder Mammatumoren finden Forschende immer wieder auffällige Unterschiede im Mikrobiom im Vergleich zu gesunden Tieren. Spannend ist außerdem die Erkenntnis, dass nicht nur der Darm selbst, sondern auch Mund- und Hautmikrobiome miteinander kommunizieren. So können Dysbiosen an verschiedenen Stellen des Körpers das Krankheitsgeschehen beeinflussen und umgekehrt durch gezielte Interventionen positiv moduliert werden.
Pro- und Präbiotika – was steckt dahinter?
Präbiotika sind unverdauliche Ballaststoffe, die im Verdauungstrakt des Hundes nicht von den eigenen Enzymen aufgespalten werden können. Stattdessen gelangen sie nahezu unversehrt in den Dickdarm, wo sie als Nahrung für die „guten“ Darmbakterien dienen. Diese gezielte Unterstützung des Mikrobioms fördert ein gesundes Gleichgewicht der Darmflora. Zu den bekanntesten Präbiotika zählen Fructo-Oligosaccharide (FOS), Galactooligosaccharide (GOS) oder Inulin. Durch die Vermehrung der nützlichen Bakterien entstehen die kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) wie Butyrat, Propionat und Acetat. Diese Stoffe haben mehrere wichtige Effekte:
Entzündungshemmung: SCFAs wirken direkt auf das Immunsystem, indem sie Entzündungsreaktionen modulieren und so chronische Entzündungen im Darm und im gesamten Körper reduzieren können.
Stabilisierung der Darmschleimhaut: Sie dienen als Energiequelle für die Zellen der Darmwand (Enterozyten), stärken die Barrierefunktion und verhindern, dass schädliche Stoffe in den Körper gelangen.
Positive Beeinflussung des Immunsystems: Ein ausgewogenes Mikrobiom unterstützt die Ausbildung und Regulation von Immunzellen, sodass der Hund besser gegen Infektionen und Allergien geschützt ist.
Förderung der Verdauungsgesundheit: Präbiotika verbessern die Konsistenz des Stuhls, fördern die Regelmäßigkeit und können Blähungen und Durchfall reduzieren.
Präbiotika wirken also wie ein „Düngemittel“ für die Darmflora: Sie fördern die Vermehrung nützlicher Bakterien, unterdrücken schädliche Keime und tragen so zu einem robusten Verdauungssystem bei. Probiotika hingegen sind lebende Mikroorganismen. Sie können helfen, die Darmflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen, zum Beispiel nach einer Chemotherapie, Antibiotika-Gabe oder bei chronischen Beschwerden. Besonders wirksam scheint es zu sein, beide Elemente zusammen zu geben – dann spricht man von "Synbiotika". Wichtig ist, die richtigen Stämme in ausreichender Menge zu wählen und über einen längeren Zeitraum zu unterstützen, statt nur kurzfristig „ein Pulver vom Tierarzt zu geben“. 👉 Hinweis: Auf unserer Plattform findest du individuelle Beratung zur Darmgesundheit deines Hundes – speziell abgestimmt auf die Vorsorge, Krebserkrankungen oder auch die Regeneration nach Therapien:
Ernährung für den Hund: das Mikrobiom gezielt unterstützen
Die Ernährung deines Schützlings spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die Darmflora stabil zu halten. Dabei können folgende Nahrungsbestandteile und Tipps helfen:
a) Ballaststoffe
Nicht jede Ballaststoff-Art ist automatisch ein Präbiotikum. Ballaststoffe sind ein Überbegriff für unverdauliche Nahrungsbestandteile wie z. B. Zellulose, Hemizellulose, Lignin, Pektin oder Inulin. Viele davon passieren den Dünndarm weitgehend unverdaut. Präbiotika sind eine spezielle Untergruppe von Ballaststoffen. Sie erfüllen klare Kriterien:
Sie müssen den Dünndarm unverändert passieren.
Sie müssen gezielt von „guten“ Darmbakterien (z. B. Bifidobakterien, Lactobazillen) fermentiert werden.
Sie müssen dadurch einen nachweislich positiven Effekt auf die Gesundheit haben.
Typische Präbiotika sind Fructooligosaccharide (FOS), Inulin, Galactooligosaccharide (GOS), resistente Stärke. Andere Ballaststoffe (z. B. Zellulose) sind zwar faserreich, erfüllen aber die Präbiotika-Definition nicht, weil sie kaum fermentiert werden. 👉 Kurz gesagt: Alle Präbiotika sind Ballaststoffe – aber nicht alle Ballaststoffe sind Präbiotika.
Präbiotikum | Natürliche Quellen | Typische Dosierung (Hund) | Hauptwirkung / Nutzen |
Inulin | Chicorée, Topinambur, Artischocken | 1–2 g pro 10 kg Körpergewicht täglich | Fördert Lactobacillus/Bifidobacterium, unterstützt SCFA-Bildung, stärkt Darmschleimhaut |
MOS - Mannan-Oligosaccharide | Hefezellwände, Bierhefe | 0,5–1 g pro 10 kg Körpergewicht täglich | Bindet schädliche Bakterien, stärkt Immunsystem, stabilisiert Darmflora |
FOS - Fructo-Oligosaccharide | Bananen, Chicorée, Spargel | 0,5–1 g pro 10 kg Körpergewicht täglich | Fördert Wachstum „guter“ Bakterien, SCFA-Produktion, entzündungshemmend |
Beta-Glucane | Hafer, Gerste, bestimmte Pilze (z. B. Reishi, Shiitake) | 0,5–1 g pro 10 kg Körpergewicht täglich | Immunmodulierend, entzündungshemmend, unterstützt Darmbarriere |
Inulin + FOS Kombi | Pulverzusätze oder spezielle Futtermischungen | 1–2 g pro 10 kg Körpergewicht täglich | Verstärkte Präbiotika-Wirkung, besonders bei empfindlichem Darm |
Hinweise für Hundehalter:
-Langsam steigern: Präbiotika können Blähungen oder Durchfall verursachen, deshalb langsam einschleichen
-Wasserzugang sicherstellen: Ballaststoffe binden Wasser, genug trinken ist wichtig
-Individuelle Reaktion beobachten: Manche Hunde reagieren empfindlicher; ggf. Dosierung anpassen
-Kombination mit Probiotika: Oft sinnvoll, da Präbiotika „Futter“ für die probiotischen Bakterien liefern
b) Omega-3-Fettsäuren
Sie dämpfen Entzündungen, verbessern das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 und wirken sich positiv auf das Immunsystem und den Stoffwechsel aus. Wir haben zu diesem Schwerpunkt eine interessante Option im Beratungsangebot: den Trockenbluttest zur Bestimmung und zur Kontrolle des Omega-3-zu-6 Verhältnisses bei deinem Hund. Hier buchen und professionell testen lassen:
c) Hochwertige Proteine und wenig Industrieprodukte
Je natürlicher und ausgewogener die Ernährung, desto stabiler das Mikrobiom. Fertigfutter mit vielen, künstlichen Zusatz- und Füllstoffen können die Darmflora belasten anstatt zu unterstützen.
d) Qualität bei Zusätzen & Nahrungsergänzungen
Viele Prä- und Probiotikaprodukte sind schlecht deklariert oder nur ungenau dosiert. Häufig fehlen klare Angaben zu den enthaltenen Bakterienstämmen, deren Menge oder zur Stabilität bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum. Auch bei Präbiotika wird nicht immer sauber zwischen unterschiedlichen Faserarten unterschieden – was ihre Wirkung sehr unterschiedlich macht. Deshalb lohnt es sich, kritisch hinzuschauen und nicht jedem Werbeversprechen zu vertrauen. Im Zweifel sollte man Produkte aus seriösen Quellen wählen, die transparente Qualitätszertifikate und Analysen vorlegen können. So stellt man sicher, dass der tierische Patient auch wirklich den Nutzen erhält, den man sich von einer Ergänzung verspricht.
e) Geduld
Veränderungen im Mikrobiom passieren nicht über Nacht. Erste Verbesserungen können nach ein paar Wochen sichtbar werden, ein stabiles Gleichgewicht braucht Monate. Stuhlqualität, Energielevel und Appetit helfen, die Wirksamkeit zu beobachten.
Darmsanierung, Anamnese und Labordiagnostik – warum Raten nicht reicht

Viele Hundehalter:innen verwechseln aufgrund eines zunehmend agressiven Marketings für Mileuprodukte einen gezielten und kurzen Wiederaufbau des Darms - z.B. bei Durchfall - mit einer "echten" Darmsanierung. Nach einer instabilen Episode reicht es oft, das Mikrobiom mit Pro-
und Präbiotika zu unterstützen, um die Vielfalt wiederherzustellen.

Eine Darmsanierung im Zusammenhang einer Erkrankung meint jedoch viel mehr: das gesamte Darmmilieu über Wochen oder Monate stabilisieren, Störfaktoren beseitigen, die Schleimhautbarriere regenerieren und gezielt nützliche Mikroben aufbauen. Dazu gehören Ernährung, gezielte Supplemente, manchmal pflanzliche und antientzündliche Stoffe sowie kontinuierliche Beobachtung des Hundes. Wer nur „ein bisschen Bakterien gibt“, erreicht dieses Ziel nicht. Auch die Anamnese ist wichtig: Welche Vorerkrankungen liegen vor, wie wurde bisher gefüttert, welche Medikamente gab/gibt es? Laboranalysen des Kots können u.a. die Zusammensetzung der Bakterien, den pH-Wert oder entzündliche Marker messen. So lässt sich erkennen, ob tatsächlich eine Dysbiose vorliegt und welche Richtung die Therapie einschlagen sollte. Und nur so können Dosierung und Maßnahmen individuell angepasst und langfristige Erfolge gesichert werden.
Fazit
Das Mikrobiom ist viel mehr als ein Verdauungshelfer. Es ist eng mit der Abwehrkraft verbunden und kann beeinflussen, ob und wie Tumoren entstehen, wie stark Entzündungen sind und wie gut Therapien anschlagen. Hunde mit einem vielfältigen, stabilen Mikrobiom können nicht nur länger gesünder bleiben, sondern auch besser auf Therapien reagieren. Für Hunde mit Krebs bedeutet das: Neben klassischen Therapien kann es sich lohnen, auf die Darmgesundheit zu achten – durch fundierte Diagnostik, gute Ernährung, gezielten Einsatz von Prä- und Probiotika und die klare Unterscheidung zwischen Sanierung und Wiederaufbau. Wer diese Aspekte berücksichtigt, kann die Lebensqualität seines Hundes nachhaltig verbessern und möglicherweise auch Krankheitsverläufe positiv beeinflussen.
Quellen
Rodríguez C et al. "The role of the microbiome in canine oncology." Animals 2024. MDPI Open Access
Kim D et al. "Microbiome differences between healthy dogs and dogs with lymphoma." Front Vet Sci 2023. PubMed
Tong L et al. "Oral and intestinal microbiome in canine mammary tumors." Front Oncol 2022. PMC
The Ohio State University. "Probiome: Canine bladder cancer trial." OSU Clinical Trials
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